RRREVIEW: Epilirium – „Hairy Tales“ (Album)
Epilirium – Hairy Metal (Comedy Metal, 2014)
Release: 27.09.2014
Was lange währt, wird endlich…?
Was soll man zu einem Album wie diesem schreiben? Ja, der Umstand, dass es nun insgesamt acht Jahre seit der ersten Epilirium-Platte geworden sind, darf in diesem Review nicht unerwähnt bleiben. Deswegen schreiben wir es direkt an den Anfang, damit es nachher keinen Platz frisst. Ebenso werden wir später in diesem Review nicht detailliert auf einzelne Tracks des Albums oder Details der Rahmenhandlung eingehen. Zum einen weil Spoilern doof ist, zum anderen weil wir es den Hörern ermöglichen wollen, die CD nach so langer Wartezeit für sich selber zu genießen.
„Hairy Tales“ umfasst insgesamt 24 Tracks mit über 70 Minuten Spielzeit. Zählt man „nur“ die „echten“ Musikstücke, bleiben immer noch 14 Tracks mit über 60 Minuten übrig. So viel zu den harten Daten. Was aber entscheidender ist: nachdem wir die CD zum ersten Mal gehört hatten, wollten wir gleich wieder auf Play drücken. Ein Ergebnis, mit dem vorher nicht unbedingt zu rechnen war. Bei so einer Spiellänge müssten sich doch normalerweise hier und da Passagen einschleichen, die eine Platte unnötig in die Länge ziehen. Auf „Hairy Tales“ ist das nicht der Fall.
Was darf man also von „Hairy Tales“ erwarten? Eben das was Epilirium ausmacht. Ein breites musikalisches Spektrum, weswegen auch die Einordnung in ein bestimmtes (Metal-)Genre bewusst nicht vorgenommen wird, und eine hohe spielerische Qualität. Und eben einige Stellen, die den Hörer schmunzeln oder auflachen lassen.
Das Album erzählt die Geschichte von King Domi, ist also streng genommen ein Konzeptalbum. Allerdings lockern Epilirium den Begriff des Konzeptalbums auf „Hairy Tales“ gelungen auf, indem sie nicht nur die große Welt der Metalgenres (von epischem Power Metal über schnelle Speed Metal-Einlagen bis hin zu Black Metal-Passagen) einfließen lassen, sondern eben hin und wieder in ganz andere Genres springen. Das setzt nicht nur andere musikalische Nuancen, sondern lockert das Geschehen wunderbar auf, sorgt für Abwechslung und zeigt die Breite der musikalischen Fähigkeiten der Band. Dass die Herren jeder für sich gute Musiker sind und auch zusammen gut spielen, vor allem Live, ist bekannt. Auf „Hairy Tales“ gelingt es der Band, ihre Eigendynamik auf CD zu bannen, und das noch ein ganzes Stück besser als auf dem Vorgänger. Die vielseitige Stimme von Lukas Remus tobt sich in verschiedenen Stilrichtungen aus, die Gitarren sind mal treibend, mal verspielt, immer wieder gibt es gelungene Breakes, die den Songs überraschend andere Richtungen geben. Auch auf oft wiederkehrende Stilelemente wird verzichtet. So ist beispielsweise nicht in jedem Song ein schnelles Gitarrensolo zu hören, die Soli werden klug eingesetzt und setzen so spielerische Höhepunkte, ohne zu dominant zu wirken.
Neben den eigenen musikalischen Fähigkeiten bedienen sich Epilirium auch der von Dritten. Das meint nicht Coversongs. Auf „Hairy Tales“ sind eine Reihe Gastmusiker zu hören, die dem Kenner der Monheimer Musikszene (und teilweise auch darüber hinaus) ein Begriff sein dürften. Hier gilt das Gleiche wie oben: auch die Beteiligung der Gastmusiker verbreitert das musikalische Spektrum der Platte. Die Einsätze der Gäste sind gut getimt und fügen sich daher nahtlos in das Gesamtbild ein. Gleiches gilt zum Großteil für den Einsatz von Samples. Dieser ist fast immer stimmig und passend. In den Zwischenpassagen werden Samples naturgemäß viel eingesetzt, und auch in einigen Songs sind einige dieser zu hören. Hier hätte man, so viel Kritik sei erlaubt, an ein paar Stellen etwas dezenter mit den Samples umgehen können. Das große Ganze trübt das aber in keinster Weise.
Die Hintergrundstory ist auf den ersten Blick gar nicht so besonders. Aber Stück für Stück bemerkt man beim Hören von „Hairy Tales“, wie viele Gedanken sich die Band gemacht hat, um die Story hier und da auszuschmücken und somit wunderbar bunt und abwechslungsreich zu gestalten.
Auf „Hairy Tales“ sind eine Vielzahl von Anspielungen auf andere Künstler enthalten (auch hier werden wir nicht spoilern, keine Sorge). Für denjenigen, der die jeweiligen Künstler nicht kennt (oder nicht erkennt), macht das nichts. Für denjenigen, der sie kennt, auch nicht. Denn die Passagen oder Songs, die typische Stilelemente von anderen Künstlern enthalten, sind qualitativ gut gemacht und (ja, wir wiederholen uns hier) so eingesetzt, dass es einfach passt.
Fazit:
„Hairy Tales“ ist endlich da. Und, Odin sei Dank, es ist großartig. Epilirium schaffen sich weiter erfolgreich ihre eigene Nische. Denn, bei allen Genres, die die Band „abgrast“ und einfließen lässt, ist dann doch durchgängig die musikalische Heimat im Bereich Power Metal zu erkennen. Ein Genre, das manchmal etwas ausgelutscht wirkt. Epilirium zeigen, wie man mit frischem Wind den Staub aus den ehrwürdigen Hallen bläst. Das Album macht sehr viel Spaß und ist qualitativ deutlich höher einzuordnen als „Hairy Metal“ und auch als andere Produktionen dieser Größenordnung.
Damit wird „Hairy Tales“ aber auch zur Verpflichtung für Epilirium. Denn wenn die Band es mit diesem Album nicht auf die Bühnen einiger Clubs und kleinerer Festivals schafft, dann wissen wir auch nicht mehr.
Das Album sollte ein Pflichtkauf sein, und zwar nicht für Fans und Freunde der Band, sondern auch für jeden, der hören möchte was Monheim musikalisch zu bieten hat.
Mit „Hairy Tales“ liefern Epilirium nicht nur einen Meilenstein für ihre Biografie, sondern beantworten nebenbei eine der Fragen, die die Metal-Gemeinde schon länger beschäftigen müsste: was machen die tapferen Krieger nach glorreicher Schlacht? Die Antwort gibt es jetzt (bzw. ab Ende September) auf CD!
Es reviewisierten: Mike Beck und Peter Gatzen
P.S.:
Nun haben wir viel gelobt. Einige mögen da „Vetternwirtschaft“ oder „Freundschaftsdienst“ schreien, da wir die Mitglieder der Band nun schon ein paar Tage kennen und ein freundschaftliches Verhältnis pflegen. Wir haben wirklich gesucht. Nach Schwachstellen, Fehlern, zu krassen Brüchen/Wendungen, unnötigen Längen oder was auch immer man kritisieren könnte. Gefunden haben wir nichts (bzw. nicht wirklich viel. Den einzigen Kritikpunkt haben wir gewissenhaft aufgeführt).
„Hairy Tales“ ist einfach verdammt gut. Punkt!